" Zeit sprengt alle Mauern "

2007: Dennis L. Meadows

Das Kuratorium des Berliner Komitees für UNESCO-Arbeit hat am 7. November 2007 die Berliner Friedensuhr an Prof. Dr. Dennis L. Meadows in Anerkennung seines langjährigen wissenschaftlichen und umweltpolitischen Engagements zum Thema "Grenzen des Wachstums" vergeben.


Dr. Brigitte Reich, Jens Lorenz, Prof. Dr. Meadows

Der US-amerikanische Ökonom habe wie kaum ein anderer dazu beigetragen, die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Bevölkerungszunahme, Wirtschaftswachstum und Umweltbelastung aufzuzeigen, heißt es in der Begründung. In seiner vom Club of Rome beauftragten Studie "Die Grenzen des Wachstums" ermittelte er anhand einer rechnergestützten Simulation das Systemverhalten der Erde als Wirtschaftsraum bis 2100. Diese Studie von 1972 machte erstmals deutlich, dass dem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum durch Nahrungsmittelknappheit, Umweltverschmutzung und Rohstoffknappheit Grenzen gesetzt sind. Meadows gilt als Pionier für die  sich später etablierenden Umweltbewegungen.

Dokumentation der Verleihung am 7. November 2007


Prof Dr. Klaus Hüfner: Auszug aus seiner Rede, Download der gesamten Rede

... Wir treffen uns heute am Beginn einer für das deutsche Volk höchst geschichtsträchtigen Woche, und ich erinnere an den 9. November mit all seinen Höhen und Tiefen in der deutschen Geschichte. 
 
Erinnern möchte ich aber auch an die historische Bedeutung des Ortes, des Rathauses Schöneberg mit seiner Freiheitsglocke, die uns täglich dazu aufrief, uns im Kampf gegen die Verletzung von Menschenrechten zu engagieren. Zwar ermahnt uns um 18.00 Uhr heute kein Berliner Rundfunk-Sender mehr; was ich sehr bedauere, denn der Aufruf hat an Aktualität überhaupt nicht verloren: 
 
„Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde jedes einzelnen Menschen; 
 
ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde; 
 
ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo auch immer sie auftreten mögen“. 


Audienz

Heute verleiht das Berliner Komitee für  UNESCO-Arbeit gemeinsam mit Herrn Juwelier Lorenz zum vierten Male den von ihm gestifteten Berliner Friedensuhr-Preis, über dessen Geschichte wir später noch mehr erfahren werden. Der Preis geht diesmal nicht an eine Persönlichkeit aus dem politischen Raum, auch nicht an eine internationale Organisation, sondern an einen Wissenschaftler, der mit seinem Team fast zeitgleich eigentlich mit der ersten Umweltkonferenz der Vereinten Nationen in Stockholm 1972 einen Bericht über die „Grenzen des Wachstums“ veröffentlichte. 
 
Dieses Thema ist heute, 4 Wochen vor Bali und 15 Jahre nach dem Rio-Gipfel, und sechs Jahre nach Kyoto aktueller denn je. mehr...

Prof. Dr. Klaus Hüfner

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Jens Lorenz: Auszug aus seiner Rede, Download seiner gesamten Rede

...Neulich las ich diese Geschichte: 
Wie wir des Nachts auf unserer Route segelten, überraschte uns eine riesige Welle. Erst im letzten Moment versuchten wir rettende Manöver: Doch war es zu spät. Wie aus dem Nichts türmte sich die Welle entgegen, überrollte das Boot und warf die Crew ins freie Meer. Das Boot sank sofort. Glücklicher-weise waren wir mit zwei Booten unterwegs, und so gelangte unsere Crew wohlbehalten an Bord von Boot zwei. Dort feierten wir unsere Rettung und setzten gemeinsam unsere Reise fort. 


Jens Lorenz

Blicke ich heute auf den Fall der Berliner Mauer vor 18 Jahren zurück, so fällt auf, dass auch damals die (Ausreise-)Welle alle überraschte und zumal die Manöver der Staatsorgane viel zu spät kamen. Von der Welle überrollt, sank das Staatsschiff der DDR schnell.

Glücklicherweise war Deutschland zu dieser Zeit mit 2 Schiffen auf dem Meer der Geschichte unterwegs: Und so gelangten die Bürger der DDR wohlbehalten an Bord des anderen Schiffes. Seit der Wiedervereinigung setzen wir unsere Reise gemeinsam fort. 

 
Im Kern sind es immer auch Szenen wie diese, meine sehr geehrten Damen und Herren, auf  die  die  Analysen jenes einzigartigen Wissenschaftlers zu laufen, den wir hier und heute ehren dürfen:

Prof. Dennis Meadows. 
 
Wer den von Prof. Meadows 1972 herausgegebenen Report über „Die Grenzen des Wachstums“ auf- schlägt, findet auf 180 Seiten 70 Diagramme und Tabellen, die letztlich alle ein Zukunfts-Szenarium wissenschaftlich fundieren und darstellen: Ich meine jene Welle, die wir Menschen selbst gegen unsere Menschenwelt aufbringen - jene Monster-Welle, die nach den Analysen des Meadows-Teams schon Mitte dieses Jahrhunderts über uns hereinbrechen und die „Arche Zivilisation“ zum Kentern bringen wird, wenn wir nicht bei Zeiten rettende Manöver einleiten. 
Der geschilderte Segel-Unfall zeigt, wie plötzlich Katastrophen kommen können. Der Fall der Mauer und der Untergang der DDR bezeugen zudem, dass selbst komplizierte Staats-Systeme überraschend schnell untergehen. Freilich gab es in beiden Fällen ein rettendes zweites Schiff, das die Havarierten aufnahm. Dieses Glück jedoch wird es bei der im Meadows-Report berechneten globalen Katastrophe nicht geben: Umsteigen geht nicht - meine verehrten Damen und Herren - denn es gibt nur eine Erde. mehr...

Rede Jens Lorenz

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Jürgen Trittin: Auszüge aus seiner Rede, Download

Die Berliner Friedensuhr  ist ein Preis, der
aus dem Niederreißen einer Mauer entstand.
Er widmet sich einer Welt ohne Mauern und ohne Grenzen.


Jürgen Trittin

Wir, als Kinder der Moderne bewerten Grenzen intuitiv eher negativ, das Offene, die unbegrenzte Möglichkeit eher positiv. Wir trachten nach Ausdehnung unserer Fähigkeiten, nach Überwindung von Begrenzung. Grenzen trennen Menschen und richten sie gegeneinander aus.

Mit Ihnen, Prof. Meadows, aber zeichnen wir heute einen aus, dessen größte und bekannteste wissenschaftliche Leistung die Beschreibung und der Analyse einer Grenze zum Inhalt hat.
Ja, wir zeichnen einen Menschen aus, der sein publizistisches Wirken darauf gerichtet hat, Grenzen zu respektieren.

Wen zeichnen wir also aus?
Ich möchte Ihnen zunächst Dennis L. Meadows nur ganz kurz mit ein paar Eckdaten vorstellen.


Er ist Autor zahlreicher Bücher über Zukunftsfragen, Systemwissenschaften und computergestützte Planspiele, die in mehr als 30 Sprachen übertragen wurden. Er hielt Vorlesungen in über 50 Ländern, ist Mitglied von zahlreichen Beiräten und Berater von Regierungen, Industrie und gemeinnützigen Organisationen. Er war Präsident der International System Dynamics Society, der Internation Simulation and Games Association und der von ihm gegründeten Balaton Gruppe, einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlern und Aktivisten aus dem Bereich der Nachhaltigen Entwicklung. Meadows war Professor an unterschiedlichen Fakultäten: Ingenieurwissenschaften, Management und Sozialwissenschaften. mehr...

Rede Jürgen Trittin

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Prof. Dr. Dennis Meadows: Auszug aus seiner Rede, Download

After listening to all the kind speeches tonight I understand why President Kennedy would want to say from the balcony of this building, “I am a Berliner.” You make visitors feel honored and welcome. I thank Professor Huffner, Dr. Lehmann-Brauns, Minister Trittin, and Mr. Geier for their kind words.


Prof. Dr. Dennis Meadows

I thank Jens Lorenz for inspiration of the prize and for the exquisite clock that I will put in a place of honor in my home. I thank the UNESCO committee members for their contributions to an important United Nations agency. And I especially appreciate that so many old friends, people I have known and worked with over decades in Germany, were willing to face bad weather and my boring speech in order to come here tonight.

Of course the city has had a great deal of practice welcoming visitors, it has been here for  almost  800 years, at least since the early 1200s. In contrast, I first came here only 34 years ago, in 1973. That first visit certainly did not affect Berlin, but it had a great influence on me.  It gave me the opportunity to     learn three useful lessons: Tonight in these brief remarks, I will describe those 3 lessons and, explain why they are important to anyone concerned with peace On that first visit I learned about:

How to be patient
How to live simply

How to love an older woman
Let me explain
The first lesson was patience

I came to Berlin in connection with the  award of the Peace Prize given by the German Booksellers Association in 1973 for The Limits to Growth. That prize was first offered in 1950. So until now the Booksellers Peace Prize  has been granted 57 times In 56 of those years the prize was given to the author of the book and in 1973 it was given to the Club of Rome. So I had the privilege of sitting in the audience and listening to acceptance speeches by members of the Club  who did not contribute to our analysis and who probably disagreed with what we had said, in so far as they really understood it. But I learned to be patient, and now 34 years later I am receiving a peace prize in Berlin. It was worth
waiting for. This is by far the more important prize. mehr...

Rede Prof. Dr. Dennis L. Meadows